Denkanstoß #1:Warum Selbstfürsorge kein Egoismus ist.
Sei nicht so egoistisch! Diese Aussage hören wir im Laufe unseres Lebens das eine oder andere mal. Aber was steckt dahinter? Als egoistisch wird umgangsprachlich einfach alles bezeichnet, was man von außen betrachtet für sich selbst tut. Doch es gibt hier einen großen Unterschied. Nämlich, die ganz klare Abgrenzung von Egoismus zur Selbstliebe bzw. Selbstfürsorge.
Bei egoistischem Verhalten geht es in erster Linie darum, etwas zu tun, zu nehmen oder zu beanspruchen, ohne dass das Umfeld davon profitiert. Man schließt andere Menschen bewusst aus, und man hebt das eigene Ego über alle anderen. Im Duden wird der Egoismus so beschrieben: Streben nach Erlangung von Vorteilen für die eigene Person, nach Erfüllung der die eigene Person betreffenden Wünsche ohne Rücksicht auf die Ansprüche anderer. Jeder von uns kennt bestimmt jemanden, der so handelt. Vermutlich kommen hier gleich ganz klare Bilder von Menschen in den Kopf, die wir hiermit in Verbindung bringen und mit uns emotional etwas machen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Ich habe im Duden auch nach dem Wort Selbstfürsorge gesucht. Spannend, dass Selbstfürsorge dort gar nicht vorkommt. Der Begriff Selbstliebe hingegen, wird im Duden kurz und knackig als egozentrische Liebe zur eigenen Person erklärt. Eine Art schwächere Form des Narzissmus also. Das war’s auch schon. Ist die Liebe zu sich selbst nicht mehr wert? Warum gibt es keine Erklärung für Selbstfürsorge? Vermutlich deshalb, weil wir uns in der Gesellschaft noch nicht so lange damit beschäftigen. Die Zeit dafür ist aber reifer denn je. Selbstfürsorge spiegelt den Respekt und die Wertschätzung gegenüber sich selbst wider. Auf uns aufzupassen ist wichtig. Auf seinen Körper, auf seine Gedanken, Worte und Taten. Für andere da zu sein, ist eine menschliche Geste. Sie wurde uns in die Wiege gelegt. Wir sind soziale Wesen. Dabei dürfen wir aber niemals vergessen, auch für uns selbst zu sorgen.
Durch die Beschränkungen im Rahmen der COVID-19 Pandemie wird uns nur all zu gut aufgezeigt, in welchen destruktiven Konstrukten wir oftmals stecken. Viele von uns haben bereits im ersten Corona-Lockdown ihre Aha-Erlebnisse gehabt, manche zu einem späteren Zeitpunkt und wieder andere vielleicht gerade erst jetzt, andere nie. Gedanken wie wow, was ich alles mach und tu, was ich alles leiste. Ich gebe und gebe. Meinem Partner, meinen Kindern, meiner Familie, meinem Arbeitgeber, meinen Freunden, meinem gesamten Umfeld. Vielleicht kommt auch die Frage, wo bleibe ich dabei? Auf der Strecke? Was ist mit meinen Bedürfnissen? Wer sorgt eigentlich für mich?
Genau hier startet die Liebe zu uns selbst. Wir sollten als aller erstes für uns selbst da sein, bevor wir etwas für andere tun. In jedem Moment, zu jeder Zeit. Geht das überhaupt? Ganz klar ja, und man braucht keine Angst zu haben, dass dadurch weniger Ressourcen für andere übrig bleiben. Ganz im Gegenteil. Wenn wir für uns selbst sorgen, profitieren nicht nur wir davon, sondern das gesamte Umfeld. Die Qualität der Zeit mit seinen Partnern, Kindern oder Freunden verbessert sich enorm, wenn man sich auch Raum für die eigenen Bedürfnisse gibt. Und auch im Arbeitsalltag spürt man die Auswirkungen der Selbstfürsorge deutlich. Sie kann uns so richtig beflügeln.
In der Hektik des Alltags neigen wir dazu, unsere eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen. Wie können wir also mehr Selbstfürsorge in den Alltag bringen? Sie beginnt im Grunde schon im Kleinsten. Bereits morgens im Badezimmer können wir uns etwas Gutes tun. Schon ein Lächeln, welches man seinem Spiegelbild schenkt, sorgt für unmittelbare Wertschätzung gegenüber sich selbst. Ausreichend Schlaf und Flüssigkeit in Form von Wasser oder Tee, sowie gute Nahrung geben Kraft und unterstützen unseren Energiehaushalt. Zunächst gilt es diese einfachen Grundbedürfnisse wieder mehr in den Fokus zu stellen, bevor die weiteren Schritte folgen.
Welche Bedürfnisse man darüberhinaus hat, ist sehr individuell. Jegliche Art hat seine Berechtigung. Es gibt kein Rezept, das eine allgemeine Gültigkeit besitzt. Hier lohnt es sich, seinen Alltag einmal zu reflektieren. Seinen Lebenstil zu hinterfragen, um herauszufinden wie viel Platz für sich selbst aktuell vorhanden ist, und wie diese Zeit derzeit genutzt wird. Darauf aufbauend gibt es unendlich viele Möglichkeiten für sich zu sorgen. Ob man sich Bücher zu diesem Thema kauft, Vorträge, Seminare oder Kurse real oder online besucht, sich im Einzelsetting beraten lässt oder alles zusammen kombiniert. Egal, viele Wege führen nach Rom. Aber zunächst braucht es das Bewusstsein, etwas für sich tun zu wollen! Das ist der allererste Schritt.
Eines ist gesagt: Wer auf sich vergisst und sich nur für andere aufopfert, wird auf lange Sicht auf der Strecke bleiben. Selbstliebe in Form von Selbstfürsorge ist essentiell, damit man auch weiterhin für seine Liebsten und andere da sein kann. Ein wunderbarer Kreislauf also. Am Ende belohnt uns diese Achtsamkeit mit uns selbst mit mehr Zufriedenheit, Wohlbefinden und Energie. Es lohnt sich also in seine Selbstfürsorge zu investieren, denn für die Harmonie in sich, ist man ganz alleine verantwortlich. Sich in den Mittelpunkt zu stellen ist wichtig, denn Selbstfürsorge ist wahrlich kein Egoismus, sondern viel mehr überlebensnotwendig.
Stay holistic and be happy. Herzlichst, Martina Langer